fleischklösschenfieber & eulenwerkstatt

[Hamburg. Freitag Abend. Die Mutter und der große Junge kommen nach Hause.]

[Mutter:] „Willst Du die neue Etepetete-Kiste aufmachen?“

[GJ:] „Au ja!“

[Der große Junge öffnet die Gemüsekiste:] „Oh, guck‘ mal! Diese Woche sind die Mohrrüben dick, aber nicht so lang. Und die Zwiebeln sind ganz riesig – nicht ganz klein, wie letztes Mal! Und da ist auch ein Rezept dabei. Linseneintopf – hmmmm. Können wir das kochen? Bitte!“

[Mutter:] „Magst Du denn wieder Linsen? Die mochtest Du doch mal nicht.“

[GJ:] „Vielleicht nicht. Können wir das ohne Linsen machen?“

[Mutter:] „Naja, Linseneintopf ohne Linsen ist etwas schwierig. Aber ich habe noch so rote Linsen, warte mal…“

[Die Mutter sucht die roten Linsen im Küchenschrank:] „Guck‘ mal hier – die vielleicht?“

[GJ:] „Nee – bäh. Dann lieber nicht.“

[Mutter:] „Was hältst Du davon, wenn wir stattdessen Reis nehmen? Dann wird es so eine Art Risotto. Reis magst Du doch, oder?“

[GJ:] „Au ja!“


[Hamburg. Samstag vormittags beim Einkaufen.]

[GJ:] „Guck‘ mal, Mami! Da gibt es rote Linsen! Die können wir kaufen und für den Linseneintopf nehmen!“

[Mutter:] „Ich dachte, Du magst keine Linsen?“

[GJ:] „Die schon.“

[Mutter:] „Die sehen doch ganz genauso aus wie die roten Linsen, die wir zuhause haben!“

[GJ:] „Nein. Die sind ganz anders. Diese roten Linsen mag ich.“

[Mutter:] „Okay, dann kaufen wir die. Und Du isst dann auch von dem Eintopf, wenn wir den mit diesen Linsen machen?“

[GJ:] „Klar!“


[Hamburg. Samstag Mittag.]

[Mutter:] „Das Essen ist fertig!“

[GJ:] „Was gibt es denn?“

[Mutter:] „Na, wie besprochen: Den Linseneintopf mit den neuen roten Linsen.“

[GJ rennt laut jubelnd in die Küche:] „Au ja! Rote Linsen! Rote Linsen!! Rooooteeee Liiinnnssseeen!!!“

[Mutter:] „Wieviel möchtest Du?“

[GJ:] „Die Linsen sehen ja gar nicht mehr rot aus. Die sehen ja jetzt eher gelbbraun aus. Das ist gemein!“

[Mutter:] „Die ändern beim Kochen etwas ihre Farbe. Das stimmt.“

[GJ:] „Warte – ich möchte ein Foto vom Topf machen.“

[Mutter:] „Oh ja – ich mach auch ein Foto, aber von meinem Teller.“

[GJ:] „Ich auch! Hmmm – sieht das lecker aus!“

[Mutter:] „Sei vorsichtig, der Eintopf ist noch sehr heiß.“

[GJ pustet und probiert vorsichtig:] „Uhhhh – das ist aber scharf! Hast Du da Chili reingetan?“

[Mutter:] „Chili? Nee – da ist Paprika drin. Das stand so im Rezept.“

[Mutter probiert ebenfalls:] „Uhhh – ist das scharf! Und Du hast recht, es schmeckt nach Chili. Warte mal – es kann sein, dass ich tatsächlich Chili genommen habe. Das war aber nicht mit Absicht. Ich habe das aus dem Glas genommen, auf dem ‚Italienische Kräuter‘ steht, und ich dachte, da ist Paprika drin, weil die früher in so einem Glas war. Das  Pulver sah auch aus wie rote Paprika – aber vielleicht war es Chilipulver? Das tut mir leid. Ich finde es aber lecker scharf, oder?“

[GJ:] „Ja, lecker scharf, aber sehr scharf. Kann ich ein Glas Wasser haben?“

[Mutter bringt dem großen Jungen ein Glas Wasser:] „Hier. Und Du könntest auch noch Joghurt dazu tun, dann schmeckt es nicht mehr so scharf.“

[Der große Junge löffelt Joghurt auf den Eintopf:] „Bah – jetzt schmeckt es nach Joghurt. Das mag ich nicht. Kannst Du meins aufessen?“

[Mutter:] „Okay. Wir tauschen. Du bekommst meinen Rest, ich Deinen. Okay?“

[GJ:] „Okay. Was gibt es denn zum Nachtisch?“

[Mutter:] „Wer sein Portion aufisst, bekommt Schoko-Joghurt.“

[GJ:] „Aber wir haben nur einen Schoko-Joghurt!“

[Mutter:] „Na gut: Wenn Du aufisst, bekommst Du den. Ich esse eine Orange.“

[GJ:] „Aber nur, wenn Du aufisst. Kann ich das Telefon nochmal haben?“

[Mutter:] „Beim Essen?“

[GJ:] „Ja, bitte! Ich möchte noch ein Foto auf Snapchat machen.“

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Snapchat-Kunst.

[Hamburg. Sonntag Vormittag.]

[Mutter:] „Großer Junge? Kommst Du zum Kochen? Wir wollten doch heute zusammen kochen!“

[GJ:] „Was gibt es denn?“

[Mutter:] „Kartoffel-Möhren-Stampf mit dem Monsterrüben aus der Gemüsekiste. Und dazu Fleischklösschen. Ich habe schon das schwedische Rezept rausgesucht.“

[GJ:] „Och nee – nicht das schwedische Rezept. Dann will ich doch lieber nicht mitkochen.“

[Mutter:] „Wieso denn nicht? Das sind ganz normale Fleischklösschen! Und das Rezept ist aus Deinem ‚Selbst gemacht‘-Buch*.“

[GJ:] „Das Rezept möchte ich nicht kochen.“

[Mutter:] „Vielleicht ist ja auch ein Rezept im Maus-Kochbuch*? Oh ja – guck‘ mal hier: Frikadellen-Spinnen. Wir können ja Beine und Augen weglassen.“

[GJ:] „Okay.“

[Mutter:] „Lies‘ mal vor, was wir brauchen.“

[GJ liest:] „Frühlingszwiebeln.“

[Mutter:] „Haben wir nicht. Wir nehmen einfach normale Zwiebeln.“

[GJ liest:] „Toastbrot.“

[Mutter:] „Wir nehmen stattdessen Paniermehl. Was noch?“

[GJ lacht.]

[Mutter:] „Was ist?“

[GJ:] „Hier steht Paprikapulver! Aber wir nehmen nicht das von gestern!“

[Mutter:] „Okay – ich gucke mal, ob ich das richtige Glas finde. Tust Du mal das Hackfleisch und das Ei in die Schüssel, bitte?“

[GJ kichernd:] „So?“

[Mutter:] „Fast. Möchtest Du gleich die Fleischklösschen selbst braten?“

[GJ:] „Au ja! Du formst sie, und ich brate sie. Guck‘ mal, das werden genau 12 – das macht 6 für jeden von uns.“

[Mutter:] „Nein – es werden 13. Das ist meine Glückszahl.

[GJ:] „Wieso?“

[Mutter:] „Weil mein Geburtstag an einem 13. ist.“

[GJ:] „Jetzt schiebe ich die ersten Fleischklösschen beiseite, damit die anderen auch in die Pfanne passen… – Kannst Du jetzt kurz weitermachen?“

[Sonntag. Etwas später beim Essen.]

[Mutter:] „Möchtest Du das erste Fleischklösschen haben?“

[GJ:] „Ja, klar! Mit Ketchup!“

[Mutter:] „Warte… – Oh, ich glaube, ich muss noch eins hinlegen, damit ich noch ein Foto machen kann.“

[GJ:] „Und ein Foto noch mit dem Kartoffel-Möhren-Stampf!“

[Mutter:] „Oh ja. Ach nee – jetzt habe ich die Petersilie vergessen… – Warte, noch eins…“

[Sonntag. Etwas später am Nachmittag.]

[GJ:] „Mami?“

[Mutter:] „Ja?“

[GJ:] „Was ist denn meine Glückszahl?“

[Mutter:] „Deine Glückszahl? Keine Ahnung. Welche gefällt Dir denn?“

[GJ:] „Ich weiß‘ nicht genau – mir gefallen eigentlich alle Zahlen…“

[Mutter:] „Dann musst Du Dich ja nicht unbedingt entscheiden.“


[Sonntag. Noch später am Nachmittag.]

[GJ:] „Mami, ich habe Bauchschmerzen.“

[Mutter:] „Vielleicht waren die sechs Fleischklösschen doch zu viel?“

[GJ:] „Bestimmt. Wie bei Karlsson vom Dach.“

[Mutter:] „Hatte der auch Bauchweh von Fleischklösschen?“

[GJ:] „Nein, aber Lillebror hatte Zimtweckenfieber. Das ist ja so ähnlich.“

[Mutter:] „Ach ja, klar. Also Fleischklösschenfieber. Das geht bestimmt gleich weg.“

[GJ:] „Ich lege mich mal einen Moment aufs Sofa.“


[In Berlin gab es am Samstag auch Linsensuppe. Auf der Terrasse. Mit Absicht, aber ohne Foto von der Terrasse.]

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Linsensuppe in Berlin.

[Berlin. Sonntagnachmittag. Großes Mädchen:] „Mama, können wir Kuscheltiere nähen?“

[Mutter:] „Jetzt?“

[GM:] „Ja, jetzt!“

[Kleines Mädchen:] „Ich will auch Kuscheltiere nähen.“

[Mutter:] „Hm, was wollt Ihr denn nähen? Eulen? Oder Fische? Oder eine Katze?“

[GM:] „Eine Eule!“

[KM:] „Einen Fisch. Nein, eine Katze. Nein, lieber eine Eule!“

[Das große und das kleine Mädchen suchen Stoffe aus.]

[KM:] „Ich kann aber nicht nähen!“

[Mutter:] „Soll ich Dir helfen?“

[KM:] „Nein, Du sollst nähen!“

[Mutter:] „Hrmpf.“

[Das große Mädchen und die Mutter nähen. Das kleine Mädchen sitzt daneben und schneidet Stoff.]

[GM:] „Mama, warum sind denn die Finger vom kleinen Jungen so rosalich?“

[Mutter:] „Hm – kleines Mädchen, hast Du einen Stift rumliegen lassen?“

[KM:] „Nee.“

[Mutter:] „Oh je, das ist gar keine Farbe, das ist ein bisschen Blut! Hat einer von Euch eine Nadel rumliegen lassen? Großes Mädchen, holst Du mal bitte ein Pflaster?“


[KM:] „Können wir noch was schauen?“

[Mutter:] „Erst, wenn wenigstens die Augen und der Schnabel von der Eule vom großen Mädchen fertig sind.“

[KM:] „Och Menno.“

[Das große Mädchen näht. Und isst. Und spielt. Und näht. Isst. Spielt. Die Eule vom kleinen Mädchen ist fertig.]

[KM:] „Guck mal, großes Mädchen, hier ist meine Eule!“

[GM:] „Die ist aber schmal, die Eule.“

[KM:] „Ne, die gehört so. Das ist ja auch ein Junge.“


* Die genannten Bücher sind Annabel Karmel, Superlecker! Selbst gemacht (2010) und Die Maus, Mein erstes Kochbuch (o.J.).

Anmerkung: Die verlinkten Unternehmen und Produkte erwähnen wir, weil sie uns gut gefallen. Wir erhalten hierdurch keinerlei Vorteile von den jeweiligen Geschäften.

… und wie immer gibt es weitere Wochenendblogs mit mehr und weniger Bildern bei Susanne Mierau in ihren Blog ‚Geborgen Wachsen‘.

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