[In den Tagen zwischen dem Tod unserer Mutter und der Beerdigung am vergangenen Donnerstag hat das Erlebte die Kinder – genau wie uns Eltern und unseren Vater – selbstverständlich immer wieder und weiter beschäftigt. Die folgenden Gespräche fanden zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Laufe dieser Woche statt.]
[GM:] „Der große Junge hat gar nicht geweint, als ihm seine Mama gesagt hat, dass Omi gestorben ist.“
[Mutter:] „Nee, das stimmt. Vielleicht hat er wann anders geweint. Oder auch gar nicht. Das ist bei jedem anders. Ich hab‘ auch erst später geweint.“
[Bei der gemeinsamen Lektüre des Blog-Entwurfs kommentiert der große Junge später hierzu: „Das stimmt, ich habe gar nicht geweint. Ich war nur traurig. Aber man muss ja nicht unbedingt weinen, wenn man traurig ist.“]
[GJ:] „Mami, weißt Du was? Willi* hat von uns in der letzten Zeit die meiste Zeit mit Omi verbracht, ich die zweitmeiste. Und Du die drittmeiste. Also, von denen, die nicht bei Omi und Opi gewohnt haben, meine ich.“
[Mutter:] „Stimmt. Wie gut, dass Du vorletztes Wochenende noch bei Opi und Omi warst!“
[GJ:] „Mami, können wir ein Foto von Willi machen und das Omi mit ins Grab legen?“
[Mutter:] „Ja, klar! Vielleicht könnt Ihr dann auch noch etwas dazu schreiben, Du und das große Mädchen?“
[GJ:] „Ja, gute Idee!“
[Später. GJ:] „Mami, wir müssen noch das Foto von Willi machen!“
[Mutter:] „Oh ja. Wo denn?“
[GJ:] „Vielleicht auf dem Balkon? Da scheint die Sonne so schön.“
[Mutter macht ein Foto von Willi auf dem Balkon und druckt es aus.]
[GJ:] „Großes Mädchen, jetzt können wir Omi auf dem Foto noch einen Brief schreiben. Mami, was soll ich denn schreiben?“
[Mutter:] „Vielleicht: ‚Liebe Omi‘?“
[GJ schreibt.]
[GM:] „Und: ‚Ich vermisse Dich sehr.'“
[GJ:] „Nein. Das nicht.“
[Mutter:] „Ihr könnt ja jeder schreiben, was sich für Euch richtig anfühlt. Das große Mädchen kann ‚Ich vermisse Dich‘ schreiben, und Du etwas anderes.“
[GJ:] „Vielleicht: ‚Ich denke an Dich‘?“
[GM und GJ schreiben den Brief fertig.]
[GJ:] „Den müssen wir dann aber verkehrt herum in den Sarg legen, damit Omi ihn auch lesen kann!“
[GM:] „Und dann müssen wir noch unterschreiben. Auch für das kleine Mädchen und für den kleinen Jungen. Die können ja noch nicht selbst schreiben.“
[GM:] „Mama?“
[Mutter:] „Ja?“
[GM:] „Omi wird doch zu Erde, oder?“
[Mutter:] „Ja.“
[GM:] „Und was ist mit den Kleidern?“
[Mutter:] „Die werden auch zu Erde. Wenn es die richtigen sind. Deshalb sollen die Leute im Sarg was aus Baumwolle oder aus Leinen anhaben.“
[GM:] „Und, was hat die Omi an?“
[Mutter:] „Ein blau-graues Kleid. Weißt Du, das, was sie auf Opis Geburtstag anhatte. Aber aus was für einem Material das ist, weiß ich nicht.“
[Später. Mutter:] „Großes Mädchen, die Mutter vom großen Jungen hat gesagt, das Kleid von Omi ist aus Leinen. Das ist also okay, das wird auch zu Erde.“
[GM:] „Ach so.“

[Am offenen Sarg. Opi:] „Guckt mal, Omi sieht noch aus wie Omi.“
[KM:] „Hmh. Warum hat sie denn da ein Pflaster?“
[Opi:] „Das ist noch von der Operation. Damit es nicht blutet.“
[KM:] „Ach so. Und warum ist da ein bisschen Blut an der Nase?“
[Mutter:] „Da war ein Schlauch drin, damit Omi besser atmen konnte. Das hat dann wahrscheinlich etwas geblutet.“
[GM, GJ:] „Wir müssen noch den Brief in den Sarg legen.“
[Beide zusammen legen den Brief unten in den Sarg.]
[GJ:] „Wollen wir den nicht lieber oben an der Seite hinlegen?“
[GM:] „Oh ja, dann kann sie ihn lesen.“
[Beide zusammen platzieren den Brief oben seitlich neben dem zur Seite gedrehten Kopf ihrer Omi.]
[Später. GM:] „Mama, die Bettwäsche im Sarg sah aus wie ein Königsbegräbnis!“
[An der Grabstelle, wo bereits alles für die Beisetzung vorbereitet ist.]
[GJ:] „Wozu sind denn die Seile da?“
[Mutter:] „Daran wird nachher der Sarg in das Grab heruntergelassen. Das wirst Du dann sehen.“
[KM:] „Wird der nicht an einem Haken runtergelassen? Das war doch bei Herrn Muffin so, oder?“
[Vater:] „Ich denke, das ist hier anders.“
[KM:] „Und hier ist auch Sand! Und Schaufeln!“
[Mutter:] „Ja, von dem Sand darf jeder nachher etwas ins Grab werfen. Ihr auch.“
[GJ:] „Und da sind auch Blumen! Dann können wir auch Blumen werfen, wie die Rinpoches in Indien. Das finde ich schön.“

[Später nach der Beisetzung. Die Mutter des großen Jungen unterhält sich mit ihrer Tante.]
[Mutter:] „Die Grabstelle ist gar nicht weit vom Haupteingang des Friedhofs.“
[GJ:] „Das heißt nicht ‚Grab‘, das heißt ‚Graab‘.“
[Tante:] „Ich bin ganz sicher, dass Deine Omi ‚Grab‘ gesagt hätte – mit kurzen ‚a‘.“
[GJ:] „Woher weißt Du das?“
[Tante:] „Weil ich ganz oft mit ihr gesprochen habe. Da warst Du noch gar nicht auf der Welt.“
[Bei der gemeinsamen Lektüre des Blog-Entwurfs kommentiert Opi später hierzu: „Also ich glaube, in den letzten Jahren hat Omi auch Grab gesagt – mit langem ‚a‘.“]
[Nach der Trauerfeier im Garten unseres Elternhauses.]
[GM, KM:] „Opi, dürfen wir die Spielsachen aus dem Keller holen?“
[Opi:] „Ja, klar, gerne! Ich mache Euch die Tür auf.“
[GM und KM holen Spielsachen aus dem Keller.]
[KM:] „Ich habe einen Laden! Wollt Ihr etwas einkaufen?“
[Mutter des großen Jungen:] „Hast Du Kekse?“
[KM:] „Ja, da!“
[Mutter:] „Vielen Dank. Was kosten die?“
[KM:] „50 Euro.“
[Mutter bezahlt. KM:] „Hier. Du kriegst noch 5 Euro wieder.“
[GM kommt in den Garten zu den Erwachsenen, die dort Tee trinken:] „Können wir mit dem Steckspiel spielen?“
[Opi und Mütter unisono:] „Aber nicht auf dem Rasen!“
[Opi:] „Hier gehen die Kleinteile zu leicht im Gras verloren. Wir suchen immer noch nach Goldmünzen von dem Playmobil-Piratenschiff, das Eure Mütter mal im Garten aufgebaut haben!“
[GM und GJ spielen auf der Terrasse mit dem Steckspiel.]
[GM:] „Das ist gemein! Der große Junge hat so viele Steine genommen! Jetzt kann ich mein Bild gar nicht fertig machen!“
[GJ:] „Guck‘ mal Mami! Ich habe einen Schatz unter dem Meer und einen Leuchtturm gemacht!“
[Mutter:] „Soll ich ein Foto machen? Dann kann das große Mädchen die Steine danach für ihr Bild nehmen.“
* Willi ist eine im vergangenen Jahr aus Schweden mitgebrachte Plüschfigur des Kinderbuchcharakters „Willi Wiberg“ (Alfons Åberg) von Gunilla Bergström. Unsere Mutter hatte Willi – sowohl als Charakter in den wunderbaren Büchern als auch in seiner Plüsch-Verköprderung – besonders ins Herz geschlossen. Willi durfte deshalb mit Einverständnis des großen Jungen in den vergangenen Monaten gelegentlich bei Omi übernachten, um ihr Gesellschaft zu leisten und sie zu trösten, wenn es ihr nicht gut ging.
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